Die Maßnahme: eine schwesterliche Webserien-Empfehlung!
von Claudia Schneider
„Mein Vater hätte sehr gerne, dass ich (die Wurstfabrik und Fleischerei) übernehme… das Problem ist natürlich a), dass ich Frau bin und b) …[betretenes Schweigen] Na, also eigentlich is es eh nur das eine Problem….“ sagt Laura Hermann als Margarete (Anfang 30, NOCH ledig) in der Vorstellungsrunde.
Ein lustiger Mix aus Selbsthilfegruppe, Ermächtigungs-Slapstick und inzwischen etabliertem Quarantäne-Chique: Das ist „Die Maßnahme“. Die Quarantäne-Comedy in Echtzeit spielt mit vielen Klischees, die dennoch so viele Referenzpunkte zum eigenen Dasein haben.
Im Abspann sind die Credits zu lesen:
Regie: wir
Produktion: wir
Drehbuch: auch wir
Kamera: wieder wir
„Wir“, das sind sechs Künstlerinnen, die sich aufgrund krisenbedingt abgesagter Engagements und mit viel Zeit selbständig gemacht haben und ihr eigenes Filmteam geworden sind. Nach dem Motto „Selbst ist die Frau!“ bieten Laura Hermann, Claudia Kottal, Constanze Passin, Alev Imrak, Anna Kramer und Suse Lichenberger Selbstermächtigung vom Feinsten:
„Die Idee für die erste Corona-Comedy-Webserie entstand, wie sollte es anders sein, bei einem Zoom Call. Während des Lockdowns stand die gesamte Filmwelt still und Dreharbeiten waren so gut wie verboten. Warum eigentlich nicht gleich eine eigene Serie machen, mit Webcam im „Homeoffice“. Schauspielerin, Autorin, Produzentin, Kamerafrau und Regisseurin sein. Einfach so. Einfach machen.“
In Sachen Musik haben sie sich die grandiose Clara Luzia ins bunte Quarantäne-Boot geholt. Sie lieferte den Titelsong BlaBlaBla und zeigt ihr Können als gärtnernde Performance-Künstlerin im Abspann jeder Folge.
Viel Humor mit noch mehr bitterem Beigeschmack
Keine kennt sich aus, alle wollen dabei sein – oder sie müssen, wollen aber so tun, als würden sie sich frei dafür entscheiden. Wie geht man mit unfreiwilligen Bekanntschaften um – vor allem dann, wenn sie nur über Zoom & Co stattfinden? Wenn also der wichtigste, nämlich der echte Teil, fehlt? Gruppendynamiken stellen sich überall ein, wo Menschen aufeinander treffen – auch online. Jede geht mit der Quarantäne anders um – zum Glück kann man bei digitalen Meetings aber ohne großen Aufwand Internetprobleme vortäuschen und sich so aus der Affäre ziehen.
Auf der Suche nach Solidarität
Sich gegenseitig unterstützen, wenn man sich nicht kennt und vielleicht auch nicht mag? Wo ist sie und wie sieht sie eigentlich aus, diese SOLIDARITÄT?
Die Last des sich ständig Präsentieren-Müssens ist nicht Corona-spezifisch, aber gerade hier auch keine große Hilfe auf der Suche nach ihr. Und dann ist da auch noch dieser Alltag, der sich aktuell so schwer wie nie ausblenden lässt! Die virusbedingte Leere im Terminkalender gibt den Blick frei auf Beziehungsprobleme, da ist Trennungsschmerz, Stress, da ist Unsicherheit, Verunsicherung und die Komponente komplexer Leistungsanspruch…
Identifikation leicht gemacht
Corona hat es wie nichts zuvor geschafft, durch den äußeren Zwang in all ihrer Unterschiedlichkeit doch unglaublich ähnliche Lebenssituationen zu schaffen. Das macht auch einen der vielen Reize der Webserie aus: Die bunt zusammengewürfelten Charaktere sprechen uns allen aus der Seele.
Das ehemals vielleicht erträumte Zuhause-Sein hat schon längst begonnen, uns so richtig zu nerven, es erschöpft uns, überfordert manchmal, kann dazwischen entspannend sein und macht uns auch glücklich. Kurz gesagt: es ist das ganz normale Leben, in etwas kleinere Bahnen gezwängt. Wie dem auch sei: Es hilft jedenfalls, wenn wir spüren, dass wir nicht allein sind.
Die ersten drei Episoden sind hier zu finden. Jeden Montag kommt eine neue Folge dazu!
Review-Autorin Claudia Schneider meint:
“Go on and watch this stuff! Laugh, enjoy and feel a little more connected with others.”