Rezension: Doku „Ladies First” – Eine Geschichte der Frauen im Hip-Hop

 

„Ladies First” – Eine Geschichte der Frauen im Hip-Hop

In vier Teilen erzählt die Netflix-Doku „Ladies First“ die Geschichte der Frauen im US- amerikanischen Hip Hop. Die Produzentinnen des Films nehmen das 50-jährige Jubiläum des Genres zum Anlass, ihre Pionierinnen, Gestalterinnen und Heldinnen vorzustellen und zeigen uns, dass Frauen keineswegs nur eine unbeachtete Randerscheinung darstellen, sondern sie die Kultur des Hip Hop mitgegründet, aufgebaut, und gestaltet haben.


Hip Hop-Größen der ersten Stunde wie Sha-Rock, Roxanne Shanté, MC Lyte machen mit ihren außergewöhnlichen Geschichten den Auftakt. Die Porträts der Künstlerinnen machen schnell klar, neben ihrem Talent und der Leidenschaft für Musik haben sie Strategien entwickeln müssen, um in der von Männern dominierten Branche zu überleben. Die Welt, in die sie eintreten, ist von Beginn an durchzogen von Misogynie und Ungleichheit. So überrascht es nicht: der erste Diss-Track der Hip Hop Geschichte stammt von einer Frau!

Frauen haben eigene Themen gesetzt, in denen sich ihre Lebensrealitäten spiegeln und die Kultur bis heute prägen. Als am stärksten ökonomisch benachteiligte Gruppe in den USA bleibt Schwarzen Frauen ein Aufstieg in die Mittelschicht meist verwehrt, weshalb sich der „Hustle“ als Leitmotiv durch ihre Geschichten zieht. Ihre Texte spiegeln ihren gesellschaftlichen Kampf wider, drehen sich um Leid, Gewalt und Armut. Geht es den Frauen zunächst um die Stärkung ihrer Rechte innerhalb der Community, sind ihre Texte doch zutiefst politisch.
Es sind furchtlose Frauen, die ihre Kraft für andere einsetzen und so zu Vorbildern werden. Sie feiern das Schwarzsein und das Frausein. Wut wird als Kunstform etabliert.

„Die Amerikanische Kulturlandschaft sehe ziemlich blass aus, wenn Schwarze Frauen das Spielfeld verlassen würden.“ – Dr. Joan Morgan



Neben den Musikerinnen selbst geben Produzentinnen, Journalistinnen, Designerinnen und Kulturwissenschaftlerinnen einen tiefen Einblick in eine Branche, in der Künstlerinnen immer wieder Abwertungen erfahren. Sie kämpfen für gleiche Bezahlung, für ihren Platz im Programm und für ihre Namen. Weibliche Künstlerinnen wurden nicht müde, auf ihren Platten zu betonen, dass sie ihre Texte selbst schreiben.

 

„Sobald eine Frau lyrische Texte im Hip Hop präsentiert, fragen alle welcher Mann sie geschrieben hat.“ – Dee Barnes




Sie setzen Grenzen, stehen für sich ein und bestärken weitere Frauen darin, sich für nichts zu entschuldigen und klare Kante zu zeigen.
Es sind die Frauen im Hip Hop, die Trends in der Mode setzen, eigene Ausdrucksformen entwickeln und unaufhörlich ihren Innovationsgeist unter Beweis stellen. Doch die letzten 50 Jahre zeigen, es gibt wenig Anerkennung. Ob in Rollen als Produzentinnen, als Writerinnen, Managerinnen – oft wurden ihre Ideen geraubt, ihr Wirken von Platten sogar ausradiert. Auch über die Musikbranche hinaus.

 

 

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Misogynoir* und die Tatsache, dass Schwarze Frauen einer enormen Sexualisierung ausgesetzt sind, bilden ein stetiges Hindernis. Sie sehen sich zudem mit einem Schönheitsideal konfrontiert, das keinen Raum für Schwarze Körper lässt. Und ihre Antwort auf Objektifizierung, auf Doppelmoral und Degradierungsversuche von allen Seiten lautet unaufhörlich Selbstermächtigung!


Hip-Hop-Artists kämpfen noch immer für Chancengleichheit. Ihre Wegbereiterinnen haben die Türen geöffnet und wirken nach und es wird Zeit, sie dafür endlich gebührend zu würdigen.

Geschrieben von Marta Suzama

 

Die Protagonist*innen von Ladies First: Sha-Rock, Roxanne Shanté, MC Lyte, Queen Latifah, Remy Ma, Latto,  Tierra Whack, Kash Doll, Yo yo, Da Brat, Saweetie, Syreeta Gates, Coi Leray, Rah Digga, Cam & China, Dee Barnes, Chika, Bahamadia, Monie  Love, Rapsody, Chika, Drew Dixon uvm.

Quellen und Infos:

*Misogynoir ist ein Begriff, der sich auf Frauenfeindlichkeit bezieht, die sich gegen Schwarze Frauen richtet, wobei Race und Geschlecht beide eine Rolle spielen.

Trailer: Ladies First

Stream: Dokumentation “Ladies First”

Artikel: Ladies First: Wie Frauen den Hip-Hop prägten – und teilweise „ausradiert“ wurden