Who cares? We do! – Nachbericht zum Kick-Off
von Miriam Ressi
Pünktlich zum Equal Care Day am 29. Februar rief die Sorority bei Kaffee und Kuchen zum Kick-Off des Jahresschwerpunkts „Who cares?“. Diskutiert wurde dabei über Care-Arbeit, die – surprise – größtenteils von Frauen übernommen wird, weil es eben sonst keiner macht, und über Ideen, wie man das ändern kann.
Von gleichberechtigter Elternschaft, über gendersensible Buben*arbeit, bis hin zu bedingungslosem Grundeinkommen: Mit Ideen zur Egalisierung der Pflegearbeit wurde beim Kick-Off im Café 7*Stern nicht gespart. Zu Gast waren Journalistin Jelena Gučanin, Philipp Leeb vom Verein für gendersensible Buben*arbeit , ÖGB-Bundesfrauenvorsitzende Korinna Schumann sowie Katarína Staroňová und Roland Loidl vom Institut für Personenbetreuung, die mit uns dem Thema auf den Grund gegangen sind.
Aber nochmal zurück: Was ist Care-Arbeit überhaupt?
Pflegearbeit oder Care-Arbeit umfasst alle Arbeiten rund um das Pflegen hilfsbedürftiger Menschen, aber auch alltägliche Aufgaben wie Kochen, Putzen sowie Kindererziehung. Zwei Drittel der unbezahlten Arbeit in Österreich entfällt dabei auf Frauen*. Dass diese dadurch erhebliche Einkommenseinbußen haben, ist ein offenes Geheimnis: Noch zehn Jahre nach der Geburt des ersten Kindes verdienen Frauen* im Schnitt 51 Prozent weniger als im Jahr vor der Geburt. Der Hauptgrund: Arbeitszeitverkürzung, die bei Frauen* oft als selbstverständlich angesehen, bei Männern* hingegen als heroischer Akt gewertet wird.
„Windeln Wechseln ist kein Drama“
Genug von Zahlen. Was kann man nun gegen diese Ungleichheiten tun?
Nach Philipp Leeb liegt die Antwort in der Präventivarbeit. Er beschäftigt sich mit gendersensibler Buben*arbeit und betont die Wichtigkeit, Rollenklischees schon früh aufzubrechen. Was Männer* sonst noch machen können? Frauenvolksbegehren unterstützen, auf Demos gehen, sich engagieren.
Dass es oft schwierig ist, den klassischen Rollenklischees zu entkommen, beschrieb Jelena Gučanin, Mitautorin des Buchs „Wen kümmert’s? Die (un-)sichtbare Sorgearbeit in der Gesellschaft“. Sie hat dazu zwei Paare interviewt, die versuchen, sich die tägliche Care-Arbeit gerecht aufzuteilen. Während beim ersten Paar der Vater Karenz in Anspruch nimmt und dabei auf übermäßiges Lob stößt, das Frauen wohl deutlich seltener entgegengebracht wird, teilt sich das zweite Paar den Tag – ganz wörtlich – „gleich“ auf. Claudia betreut vormittags den Sohn, dafür ist Robert am Nachmittag zu Hause. Denn beide möchten in gleichem Umfang Zeit mit ihrem Kind verbringen, aber auch den Freiraum in der Arbeit suchen. Ihr Konzept ist zwar nur halblegal, da Claudia halbtags Robert „spielen“ muss – also seinen Platz bei der Arbeit einnimmt – , wird aber vom gemeinsamen Arbeitgeber toleriert. Der ermutigende Ratschlag von Interviewpartner Robert an andere Väter: „Geht in Karenz und das mit den Windeln ist wirklich kein Drama, versprochen“.
Wie Forderungen umsetzen?
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurden eifrig Ideen gesammelt, um Probleme durch ungerechte Arbeitsaufteilung zu lösen. Korinna Schumann, Bundesfrauenvorsitzende beim ÖGB, fordert einen Rechtsanspruch auf kostenlose Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr und Maßnahmen gegen die gravierenden Einkommensunterschiede (in Österreich bei ca. 20%), um die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen* zu garantieren.
Auch die Verkürzung der Arbeitszeit und die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens als Existenzsicherung, wie es sich Jelena Gučanin vorstellen kann, finden allgemein Zuspruch.
Berufspraktische Aspekte legten Katarína Staroňová und Roland Loidl vom Institut für Personenbetreuung (ipb) dar. So müsste in der professionellen Pflege die Vernetzung unter PflegerInnen und organisatorische Unterstützung forciert werden. Außerdem, so heben die beiden hervor, ist Care-Work eine fordernde Arbeit und sollte dementsprechend anerkannt werden.
Unser Fazit: Lösungen für ungleiche Verteilung der Pflegearbeit sind vorhanden und vielfältig. Nur umgesetzt werden müssen sie.
Wir bedanken uns bei unseren Gästen und freuen uns auf das nächste Mal! Because we care!