Christl Clear
Let me be Christl Clear – she’s the real deal!
“If you‘re reading this, wash your hands, keep in mind that black lives matter and say I love you more often.🖤“ So lautet die Bio von Christl Clears Instagram-Seite mit knapp 55.000 Followern, die Besucher:innen in ihre Welt einführt, welche vor allem eines ist: vielfältig.
Dass sie Feministin mit Herz und Seele ist, fällt allen auf, die sich kurz einem ihrer Online-Profile widmen, wo sie regelmäßig gesellschaftliche Themen wie die Selbstbestimmung von Frauen in jeglicher Form aufgreift. Doch auch bei jenen gesellschaftspolitischen Feldern, die sie auf ihren Plattformen wie Instagram und Tiktok thematisiert, lässt sich Christl Clear nicht einengen. Neben intersektional–feministischen Inhalten finden sich ebenso Videos und Beiträge zu Rassismus sowie Perspektiven der BIPoC Community, Body Neutrality, politischen Aspekten wie aktuell der Unterstützung Palästinas, Ageismus, Sexismus, dem Patriarchat und vielen weiteren Themen, denen sie sich teils aufklärerisch teils meinungsäußernd widmet.
Die vielen Facetten von Christl Clear
Taucht man tiefer in ihre Onlinewelten ein, eröffnet sich ein intimer Blick in ihr Privatleben. Christl interessiert sich für Mode und postet regelmäßig sogenannte „Fitchecks“, in denen sie ihre zusammengestellten Outfits zu verschiedensten Anlässen präsentiert. Im Moment kooperiert sie auch mit dem nachhaltigen Modelabel Ebenbild im Rahmen einer limitierten size-inclusive Bademodelinie. Ihre vielen Reisen, meistens mit Ehemann Markus Krivan, können ebenso online mitverfolgt werden. Monologische Videos, die sie inmitten ihres Alltags aufnimmt und postet, meistens über spontane Eindrücke und Erlebnisse, lassen einen noch tiefer in ihre Welt eintauchen und ihre sympathische Art kennenlernen. In ihren beiden Podcasts „Treffen sich Drei“ und „Tracks’n’Topics“ wird ihr Wirkungsraum noch breiter gefächert: Literatur, Musik, Kultur und Lifestyle stehen hier zur Diskussion.
Wenn manche sich nun fragen, wie die Behandlung von sehr ernsten gesellschaftspolitischen Themen und Fitchecks im selben Account kohabitieren, diesen sei gesagt: das eine unterstützt bei Christl Clear das andere. Wo viele Influencer:innen oftmals kritisiert werden, nämlich im Umgang mit ernsteren Themen einen zu trivialen oder uninformierten Umgang zu pflegen, meistert Christl diesen Balanceakt. Woran das liegen mag? An ihrer eloquenten, humorvollen aber vor allem auch ehrlichen Art, mit der sie ihre Meinung vertritt und präsentiert. Hier wird sich nicht verstellt, nichts schöngeredet oder kaschiert und gerne auch mal Selbstkritik geübt.
Persönlich und politisch: Christl Clear erzählt ihre Geschichte
Wenig überraschend gibt ihr Buch „Let me be Christl Clear“ inhaltlich genauso viel an Themenvielfalt und Privatem her. 21 Kapitel bieten eine Themenvielfalt, die sich in vielerlei Hinsicht mit den Gebieten ihrer Online-Präsenz decken, jedoch wesentlich mehr in die Tiefe gehen. Beleuchtete Themen im gesellschaftskritischen Bereich sind Feminismus, Ageismus, Sexismus, Rassismus, Bodyshaming sowie das Leben und Leiden von Frauen und Männern im Patriarchat. Auch hier wird jedoch nicht einfach trocken über Zahlen und Fakten geredet, sondern ein Blick durch die Augen von Christl Clear auf diese Problematiken geworfen. So werden die Themen faktisch erläutert, allerdings mit Christls Meinung sowie auch persönlichen Anekdoten und Erfahrungen verwoben. Ein Erfolgsrezept, das sie von ihrer Online-Präsenz auf das Buchformat übertragen hat, was auch hier wundervoll funktioniert. Denn was die meisten Menschen von der Auseinandersetzung mit derartigen Themen abhält, ist die Angst, verurteilt oder belehrt zu werden. Beides ist hier nicht der Fall, ganz im Gegenteil geht Christl oftmals selbst mit sich ins Gericht und berichtet von Zeiten in ihrem Leben, in denen sie hinsichtlich gewisser Themen noch nicht gut genug aufgeklärt und informiert war und deshalb Menschen gegenüber unsensibel agiert hat. Dafür entschuldigt sie sich und nimmt sich dann dem Thema auf gewohnt humorvolle Art und Weise an.
Zu lernen gibt es genug: So wird beim Kapitel zum Thema Feminismus beispielsweise näher darauf eingegangen, dass es (ihr) wichtig ist, sich intersektionalen Feminismus zuzuwenden, um nicht dem Konzept von „White feminism“ zu verfallen. Ähnlich begegnet sie der Body–Positivity-Bewegung, die ihrer Meinung nach nur weiteren Druck auf Menschen ausübe, ihren Körper immer und überall lieben zu müssen, auch wenn es gut gemeint sein soll. Vielmehr präferiert sie das Konzept Body Neutrality, das es erlaubt, den Körper als solches anzunehmen, ein neutrales Gefäß, das uns im besten Fall durchs Leben trägt und weder geliebt noch gehasst werden muss. Beim Thema Rassismus gibt sie zu bedenken, dass es nicht die Verantwortung von BIPoC ist, Weiße Menschen darüber aufzuklären, wie sie sich politisch korrekt auszudrücken bzw. zu verhalten haben, sondern das in der Eigenverantwortung jener Menschen liegt, die eben nicht Opfer von Diskriminierung sind, und recht hat sie!
Selbstbestimmung ist in Krivans Werk das zentrale Motiv ihrer Auseinandersetzung. Christl will ihre Leser:innen dazu ermutigen, gesunde Grenzen im Leben zu setzen und fordert eine Beschäftigung mit Erwartungsdruck. Hier schlägt sie vor, solle man ansetzen und sich trauen auch mal Nein zu sagen, zu Freunden, im Beruf, in der Beziehung, in der Familie. Auch oder vor allem weil Frauen sozialisiert wurden, doch bitte immer Ja zu sagen, denn das ist für alle Betroffenen einfacher, denn dann eckt man nicht an, man stößt niemanden vor den Kopf, und vor allem hält man das System aufrecht. In den richtigen Momenten Ja oder Nein zu sagen sei eine Form von Selbstliebe und Fürsorge, die vor allem Frauen betreiben sollten. Wie sich das in Christianas Worten anhört?
„Macht das Nickerchen. Sagt die Party ab, fahrt (alleine) auf Urlaub, besteht beim Sex darauf, dass ihr auch befriedigt aus der Geschichte rausgeht, und sagt öfter mal Nein zu Dingen, auf die ihr keinen Bock habt.“ – Christl Clear
Nachdem auch sensible Themen wie Mom-Shaming, Kind und/oder Karriere und deren Vereinbarkeit aufgegriffen werden, schließt das Buch mit einem sehr persönlichen Kapitel über Christls Kinderwunsch und ihren Weg mit IVF (= In-vitro-Fertilisation). Sie erlaubt den Leser:innen in diesem Zusammenhang einen Einblick in ihre Gesundheitsgeschichte, die dazu führte, dass sie ausschließlich mit künstlicher Befruchtung schwanger werden kann. Während dieser intensiven und emotional aufwühlenden Zeit hat sie damit begonnen, auf ihrem Handy in der Notizen-App ihre Gedanken festzuhalten. Diese teilt sie nun in Buchform mit uns. Warum sie so etwas Persönliches öffentlich macht? Weil sie hofft, damit anderen Personen in ähnlichen Situationen Mut machen zu können, Aufklärarbeit zu leisten oder einfach anderen das Gefühl zu geben, dass sie diesen Weg nicht allein gehen.
Abschließend bleibt zu sagen, dass die Person Christiana Krivan aka Christl Clear, ihr Wirkungsraum sowie auch ihr Buch divers und vielfältig sind, ohne an Tiefgang zu verlieren. „Let me be Christl Clear“ ist eine tiefere Auseinandersetzung mit den Themen ihrer Online-Arbeit und verbindet gesellschaftskritische Themen mit persönlichen Anekdoten und Erfahrungen. Krivan schafft es, ernste Themen auf eine zugängliche und ehrliche Weise zu präsentieren, ohne belehrend zu wirken. Ihr Buch ermutigt Frauen dazu, gesunde Grenzen zu setzen und sich gegen äußere Erwartungen zu behaupten.
Das Buch ist empfehlenswert, weil es sowohl informativ als auch inspirierend ist und zeigt, wie man komplexe Themen verständlich und menschlich darstellen kann. Lass dir daher die Lesung beim Sorority Feministival nicht entgehen!
geschrieben von Timea Schmit
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Wann? // 09.11. um 13:00
Wo? // Feministival Main Stage