(Don’t) Be a Mom, They Said.

Be a Mom, they said. Your pregnant belly is too big. You hold them too much. Don’t go out. Don’t stay at home all the time. Don’t complain. You spoil them. Let them cry, they will fall asleep. Breastfeeding is best for your baby. Don’t breastfeed in public. Why do you still breastfeed? Don’t give them formula too early. Go back to work. But not too soon, not too late, if part-time you’ll lose your career, if full time why did you even have children? Don’t complain, it was your decision. Be a Mom, they said.



Erinnert ihr euch an das Poem von Camille Rainville, dessen Videoversion von Cynthia Nixon 2020 viral ging? So oder so ähnlich könnte eine Mom-Version des Textes lauten. Es ließe sich eine No More Bullshit Sonderedition zum Thema Mutterschaft herausgeben. Eine Unzahl an Erwartungshaltungen treffen Frau* in einer Phase, in der sich ihr Leben von einen Tag auf den anderen komplett ändert, in der Frau* auf einmal für einen Menschen die Verantwortung trägt und sowohl körperlich als auch mental mehr leistet, als vorstellbar ist. Und gleichzeitig wird diese Leistung oft nicht gesehen, als selbstverständlich erachtet – mehr noch, sie wird zum Hindernis in der Berufswelt und zum Meilenstein auf dem Weg zur Altersarmut. 

Es ist doch wirklich paradox, dass Fürsorge, die Sorgearbeit für Menschen, die Sicherstellung, dass es uns als Gemeinschaft gut geht, so wenig Wert für uns als Gesellschaft zu haben scheint. Kann jede:r, will keine:r? Das wollen Franziska Büschelberger und Katrin Fuchs ändern und machen mit ihrer Initiative auf LinkedIn auf den Wert der unbezahlten Sorgearbeit aufmerksam: Unpaid Care Work heißt das Unternehmen, das sie auf LinkedIn erstellt haben – mittlerweile führen es fast 3000 Personen als ihren Arbeitgeber an. Dabei geht es neben der Sichtbarmachung von Elternschaft auch um andere Sorgearbeit, wie zum Beispiel die Pflege von Angehörigen. Wie sehr wir als Gesellschaft von dieser abhängig sind, und was passieren könnte, wenn Frauen* diese (und sich) niederlegen, diesem Gedankenexperiment folgt Mareike Fallwickl in gewohnt fantastischer Manier in ihrem neuen Roman Und Alle So Still (unbedingte Leseempfehlung an dieser Stelle!). 

Mittlerweile wird vor allem online über Muttertät, den Mythos Mutterinstinkt und regretting motherhood aufgeklärt – Wiebke Schenter teilt sehr offen, warum sie ihre Mutterschaft bereut, Anna Adamyan ihren jahrelangen, steinigen Kinderwunsch-Weg, Jana Heinicke spricht über Themen wie Muttertät und Hospital Fantasies, Shila Behjat hat in ihrem großartigen Buch darüber geschrieben, warum und wie sie als Feministin und Mutter zweier Söhne in einem Streitgespräch mit sich selbst lebt. Von einem umfassenden Verständnis der Herausforderungen der Mutterrolle sind wir als Gesellschaft allerdings noch sehr weit entfernt. Und hier geht es nur um eine recht eindimensionale Betrachtung, nimmt man weitere Dimensionen wie die Lebensrealitäten vor allem von Trans- aber auch allen anderen LGBTQIA* Personen hinzu, so steigt die Vielschichtigkeit der Hürden. Obwohl jede:r von uns sofort ein Bild im Kopf hat, wenn wir an ‘eine Mutter’ denken, jede Lebensrealität sieht anders aus. Gemeinsam haben sie jedenfalls alle, dass sie gern vorschnell verurteilt werden. Sogar in den eigenen Reihen herrscht oft noch viel Vergleich, Konkurrenz, Druck.

Feministin und Mutter sein geht für viele nicht zusammen, und wenn doch dann nur als Working Mum, mit Karrierefokus. Lasst uns doch diesem Girlboss Feminismus endlich Adieu sagen und die Lebensentscheidungen anderer respektieren. Lasst uns aufstehen für Strukturen, die eine gleichberechtigte Elternschaft ermöglichen. Lasst uns sanft zueinander sein und hart gegen diese verkrusteten Denkweisen und Verhaltensmuster ankämpfen. 

Internalisierte Erwartungshaltungen sind vermutlich die größten Tücken. Sie als das zu enttarnen, was sie sind – nämlich patriarchale Glaubenssätze, die uns nicht weiterbringen – ist viel leichter gesagt als getan. Gerade in der Erziehung von Mädchen zeigt sich der Versuch, sie zu aufopferungsvollen Frauen* zu machen, die das Wohlergehen ihrer Mitmenschen jederzeit vor ihr eigenes stellen. Mit dem Bild der perfekten Mutter, die sich nie beschwert und rund um die Uhr für andere sorgt, wird ihnen dabei auch noch ein nicht zu erreichendes Ideal vermittelt. 

Es scheint also, wir haben noch einen langen Weg vor uns, der Rucksack ist schwer, aber wir sind richtig abgebogen und erklimmen den Gipfel nicht alleine. Es wird noch einiges an Arbeit erfordern, im Kleinen wie Gesamtgesellschaftlich, um die Mutterrolle von ihrer alten Last zu befreien, aber der Anfang ist gemacht und der ist bekanntlich oft am schwersten.

Was nun machen, als Freund:in einer frischgebackenen Mutter? Solidarity, Sister! Auch wenn du selbst keine Kinder hast, kannst du helfend zur Seite stehen – zuhören, anerkennen, unterstützen. Ohne zu urteilen.

Geschrieben von Barbara Schöfl






Infos & Quellen 

Illustration Bea Müller 

YouTube “Be a Lady They Said” by Cynthia Nixon

LinkedIn Unpaid Care Work

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Instagram Anna Adamyan

Instagram Jana Heinicke

Intagram Shila Behjat